Es friert, als wir uns Anfang Dezember auf den Weg in die neue Deutschland-Zentrale von Microsoft machen, um dort Tobias Röver zu interviewen. Es ist noch früh, doch die Halle ist schon gut gefüllt. An der digitalen Cafébar stellen sich die Leute in die Schlange. Als Tobias uns empfängt, führt er uns durch das neue Office. In einer der vielen Sitzecken erzählt er uns von seinem Job im Social Media Bereich, warum es manchmal nicht so aussieht, als ob er arbeitet und wie die Influencer Kampagne für die Marke Surface entwickelt wurde.
Vita
Nach seinem Abitur denkt Tobias Röver, dass es das coolste wäre, Pressesprecher zu sein und schreibt sich an der Universität zu Halle für das Studium der Medien und Kommunikationswissenschaften ein. Nach Abschluss des Studiums bewirbt sich Tobias bei Microsoft, wo er ein 18-monatiges Volontariat absolviert. Heute arbeitet Tobias Röver als Social Media B2C Lead bei Microsoft Deutschland.
Tools
- Microsoft OneNote, Outlook, Skype, Wunderlist
- Opal, TalkWalker, Sprinklr, Sociabble
- iPhone, Surface Pro 4
Hallo Tobias, wie feiert man den Nikolaus-Tag bei Microsoft?
Das weiß ich ehrlich gesagt nicht, denn ich war gestern zu Hause im Homeoffice. Zurzeit gehe ich mittags gerne mal schwimmen und dann arbeite ich von zu Hause aus.
Wie ist das Thema Homeoffice bei euch geregelt?
Bei uns gibt es den Vertrauensarbeitsort und die Vertrauensarbeitszeit. Das heißt, wir haben hier keine Stechuhr, sondern wir arbeiten entlang von Zielen. Da ist es egal, ob man seine Arbeit morgens oder abends macht. Ich bestimme selbst, wie ich den Tag gestalte. Das spiegelt sich auch in unserem neuen Gebäude wider, das wir im September diesen Jahres bezogen haben. Es gibt keinen festen Arbeitsplatz, sondern verschiedene Zonen, die es einem leicht machen mit Kollegen aus verschiedenen Teams zusammen zu arbeiten. Das ist ganz cool gelöst.
Welche Aufgaben hast du bei Microsoft?
Als Social Media B2C Lead steuere ich die Kommunikation verschiedener Brand-Channels wie Microsoft, Office und weiterer Marken auf den Kanälen, auf denen wir aktiv sind. Aktuell sind das im B2C-Bereich Facebook, Twitter, Instagram und YouTube. Mein Pendant im B2B-Bereich kümmert sich zusätzlich um die Plattformen LinkedIn und Xing. Mit diesem Aufgabenbereich habe ich meine Stelle im Marketing angetreten.
In der Zwischenzeit haben sich meine Aufgaben weiterentwickelt und ich bin auch für das Surface Influencerprogramm zuständig. (Zeigt sein Surface mit einem bunten Cover). Dabei geht es weniger um eine gesteuerte Kommunikation über eigene Channels, sondern mehr um die Kommunikation über die Influencer. Damit haben wir vor zwei Jahren begonnen und setzen nun eine Programmatik dahinter, um in definierten Zielgruppen die Geräte der Surface-Marke bekannt zu machen. Dazu gehört sowohl das Surface Pro, als auch das Surface Book, das Surface Hub für Unternehmenskunden und das Surface Studio, wenn es dann nach Deutschland kommen sollte. Im Grunde geht es darum, die Zielgruppe der Kreativen und digitalen Leute wie euch zu erreichen, die hauptsächlich in der iOS und MacOS Welt zu Hause sind. Und das geht ganz gut über Influencer Marketing.
Der dritte Bereich, um den ich mich unter anderem kümmere, ist Employe Advocacy. Da geht es darum, Mitarbeiter zu Markenbotschaftern zu machen, in dem man ihnen Guidelines an die Hand gibt, damit sie sich wohlfühlen, wenn sie etwas posten. Wir haben dafür sogar extra Tools, die den Content nach Themen und Zielgruppen clustern.
An welchem Projekt warst du maßgeblich beteiligt und wie hat sich das entwickelt?
Wie schon angesprochen, war ich maßgeblich an der Influencer Marketing-Kampagne für unsere Marke Microsoft Surface beteiligt. Begonnen hat das Projekt mit den Zielen unserer Business-Groups, die sie von “Corp” bekommen haben – so nennen wir die Muttergesellschaft von Microsoft Deutschland. Ein Ziel kann zum Beispiel sein, einen bestimmten Absatz von Surface Geräten zu erreichen und die Bekanntheit in der Zielgruppe der Creator zu erhöhen.
Als am Anfang des Jahres das Budget klar war, haben wir eine Besprechung des virtuellen Consumer Teams von Surface einberufen.
Wie ist das virtuelle Consumer Team von Surface zusammengesetzt?
Da sitzt jemand aus der PR drin, jemand aus der CDS, Consumer and Devices Sales, die sich darum kümmern, dass zum Beispiel die Geräte an den stationären Handel wie Saturn verkauft werden. Außerdem nimmt noch jemand aus der Markenkommunikation und ich daran teil.
In diesem Team besprechen wir verschiedene Ideen, die sich jede Abteilung zum Erreichen der Ziele ausgedacht hat.
Nach welchen Kriterien wurde das Marketing-Budget für das Surface verteilt?
Zum Einen gibt es Vorgaben von Corp, dass ein bestimmter Teil zum Beispiel für Social Media ausgegeben werden soll, aber nicht genau wofür. Jeder stellt dann seine Idee vor. Bei meiner Idee ging es darum ein Influencer-Programm umzusetzen. Dafür hatte ich ein Budget im Kopf, das ich dafür brauche, damit sich das sinnvoll umsetzen lässt. Dann stelle ich Kennzahlen auf, wie zum Beispiel Engagement, um eine Datengrundlage für die Budgetentscheidung zu schaffen. Alle Projekte haben wir vorher in eine Excel-Liste eingetragen.
Wir diskutieren das dann gemeinsam im Team auf Augenhöhe. Jeder ist da Experte auf seinem Gebiet und bringt sich ein, wo er kann.
Als klar war, dass das Influencer Programm umgesetzt wird und das Budget freigegeben wurde, was waren dann die nächsten Schritte?
Der nächste Schritt war die Auswahl einer passenden Agentur. Dafür habe ich ein Set an Agenturen zur Verfügung, die für die Zusammenarbeit mit Microsoft bestimmte vertragliche Dinge bereits geregelt haben. Aufgrund von Empfehlungen und Erfahrungen suche ich eine Agentur aus, von der ich denke, dass sie für das Programm geeignet ist.
Zunächst briefe ich die Agentur und gebe Rahmenbedingungen wie Ziele, Budget, Zielgruppe und Maßnahmen vor. Die Agentur gibt mir dann kurzfristig bescheid, ob sie damit arbeiten können und ob das sinnvoll ist. Im Idealfall entwickelt die Agentur dann zwei, drei Vorschläge, die das Grundkonzept schon etwas konkreter werden lässt.
Die Grundidee: Das Microsoft Surface Pro 4 ist das Gerät, mit dem sich Kreative das erste Mal wirklich ausleben können, weil sie direkt mit einem Stift auf dem Gerät zeichnen können und keinen Scanner brauchen. Plan war es, Kreative aus verschiedenen Bereichen -einen Illustrator, einen Fotografen, einen YouTuber und jemanden aus einem ganz anderen Bereich – zusammenarbeiten zu lassen. Das war die Vision und die Agentur hat das dann umgesetzt.
Was war das Ergebnis der Influencer-Kampagne?
Die Agentur hat mehrere Influencer ausgesucht, die in das Budget und das Mindset passen und die Kampagne gestartet. Der Illustrator Andreas Preis fing an, ein Kampagnenmotiv auf einem Surface Pro zu entwickeln. Ziel war es, dass die Leute sagen: Geiles Zeug, womit hast du das gemacht? Andreas hat zwei Entwürfe vorgestellt, einen T-Rex und einen Luchs. Er hat seine Community dann darüber abstimmen lassen, mit welchem Motiv es weitergeht. Mit großer Mehrheit wurde es der T-Rex.
Weiter ging es mit einem Out-Of-Home-Plakat an ausgewählten Orten in Berlin, die ein Instagramer fotografierte und die Fotos direkt auf dem Surface bearbeitete. Das ging dann zu einer Designerin, die eine Bomberjacke designt hat, inspiriert von den Entwürfen und den Bildern. Die Bomberjacke war grün, hatte Schuppen auf den Schulter und das Innere war so rot wie die Zunge des T-Rex. Ein aus ihrer Community gecastetes Model nahm dann an einem exklusiven Modeshooting mit Benjamin Jaworski teil, einem Fotografen und YouTuber, der den gesamten Prozess begleitet hat.
So hat sich die Story im Laufe der Kampagne entwickelt ohne, dass wir schon vorher gesagt haben, welche Ergebnisse wir haben wollten. Es ging uns nicht um Produkt-Porno, bei dem 90% des Bildes vom Produkt ausgefüllt sein muss oder sowas. Es ging darum, die Produkte sinnvoll in eine Erzählung einzubinden. Das hat auch sehr gut funktioniert. Letztendlich hatten wir circa 6,8 Millionen Impressions und waren auch für einige Kommunikationspreise, wie zum Beispiel den deutschen Preis für Online-Kommunikation oder den PR Report Award, nominiert. Für uns sind aber eigentlich die Interaktionen viel wichtiger, hier waren wir auch gut unterwegs mit über 150.000 Interakationen.
Was habt ihr bei der Umsetzung der Kampagne gelernt?
Als wir uns das erste Mal einer Influencer-Kampagne versucht haben, haben wir die Influencer mit den Geräten quasi ins kalte Wasser geworfen. Mittlerweile haben wir verstanden, dass es sinnvoll ist, vor einer Kampagne einen Workshop anzubieten. Wir haben daraus gelernt und setzen das bei aktuellen Projekten auch ein.
Ziel unserer Arbeit im Influencer-Marketing ist es langfristige Beziehungen aufzubauen. Wir haben aber auch gemerkt, dass andere Abteilungen das auch tun. Jetzt arbeiten wir für Surface an einer gemeinsamen Datenbank von circa 30 Influencern, die wir zu einer Creative Force entwickeln möchten. Diese Leute bekommen zum Beispiel exklusiven Zugang zu Experten und Schulungen an den Geräten.
Inwiefern versucht ihr mit so einer Kampagne auch Sales zu generieren?
Natürlich versuchen wir auch eine Brücke zu schlagen. Denkt man allerdings an den Marketing-Funnel, dann sind wir mit einer Influencer-Kampagne auf der einen Seite des Funnels und der Sale auf der ganz anderen Seite. Bei so einer spitzen Zielgruppe eine Beziehung hinzubekommen, ist sehr schwer. Das schaffen wir aktuell noch nicht.
Wir könnten natürlich einfach einen Link zum Microsoft Store unter ein YouTube-Video setzen. Aber abgesehen vom kurzfristigen Sales-Erfolg, wollen wir uns die Zusammenarbeit mit den Leuten nicht verprellen. Wir wollen eine “Relation” aufbauen und darum machen wir solche Abverkaufsmaßnahmen nicht.
Welche Tools habt ihr für die Umsetzung der Influencer-Kampagne eingesetzt?
Wir bei Microsoft nutzen natürlich in erster Linie unsere eigenen Produkte. In der Kommunikation mit der Agentur setze ich auf Outlook und OneNote. Mit OneNote lässt sich sehr gut kollaborativ arbeiten. Mit Word arbeite ich eigentlich so gut wie gar nicht mehr.
Meistens richte ich für die Zusammenarbeit mit Agenturen einen OneDrive for Business ein. Das ist ein Cloudspeicher, der Business-Anforderungen erfüllt. Darüber haben dann alle Zugriff auf Excel-Dateien oder was wir sonst so brauchen.
Mit Wunderlist arbeiten wir gemeinsam ToDo-Listen ab. Über Skype chatten wir im Team, nutzen das aber auch für Telefonie. Da können wir dann auch im Home-Office sein, oder einen der Räume hier für einen Skype-Call mit den Agenturen nutzen.
Welche anderen Tools nutzt du im Social Media Team?
Im Bereich Content Planung nutzen wir Opal, um in Abstimmung mit Corp und anderen Ländern die Social Media Kommunikation abzustimmen. Dort können wir sehen, was andere Länder planen und uns dort sogar an Photoshop-Vorlagen bedienen. Als Social Listening Tool nutzen wir TalkWalker, das uns zum Beispiel ein Webradar zur Verfügung stellt. Darin sehen wir, wie gerade über Microsoft im Web gesprochen wird. Es generiert auch verschiedene Reportings auf Produktebene.
Sprinklr ist unser Redaktionstool, das von Opal den Content auf die Kanäle pushen kann und kampagnenbezogen und kanalübergreifend alle Aktivitäten managen kann. Sociabble nutzen wir für das Employer Advocacy.
Und natürlich brauche ich mein Surface Pro 4 und das iPhone. Das und das Internet ist alles was ich brauche.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
Den gibt es so eigentlich nicht. Im Grunde fängt es mit der Entscheidung an, von wo aus ich arbeite. Entscheide ich mich für das Office, dann bin ich gegen 9 Uhr im Office. Da gibt es Tage wie diesen, an dem ich eine halbe Stunde zum arbeiten komme und dann bis 15.30 Uhr mit Meetings durchgetaktet bin. Da ich zu vielen Themen unterwegs bin, ist sehr viel Abstimmung mit den Kollegen nötig.
Zu den regelmäßigen Terminen gehört das Social Weekly unseres Teams sowie die V-Team Meetings mit den verschiedenen Produktgruppen wie Surface, Windows und Office. Dann gibt es Redaktionsmeetings mit den Agenturen für die Abstimmung der Content-Planung und regelmäßige Updatemeetings zu Projekten, wie zum Beispiel der Influencer-Kampagne.
Was sind wichtige Themen im Social Media Team?
Influencer-Marketing ist wichtig. Aber es geht generell darum zu schauen, welche Rolle Social Media in der Customer Journey spielt und wie wir das integrieren können.
Ein anderes Thema ist Marketing-Automatisierung. Das heißt: Wie können wir die Daten aggregieren und automatisiert auf den Sales-Cycle einwirken?
Was denkst du, wissen die wenigsten über deinen Job?
Die Wenigsten wissen über meinen Job, dass ich als Social Media Manager nicht die Person bin, die auf Facebook Posts einstellt und Kommentare beantwortet. Das hat sich in der Zwischenzeit geändert. Ich bin eher der Projektmanager.
Das heißt, du hast meinen Check-In vorhin nicht geliked?
Nein, das Team sitzt woanders.
Wo denn?
Die Agentur, die das betreut, sitzt in Wien und heisst Human Brand. Handelt es sich um Supportfälle, dann kümmert sich Dublin darum, wenn nach einem Prozess die entsprechende Kategorie festgestellt wurde.
Was wird deiner Meinung nach in deinem Job immer wieder falsch gemacht?
Was ich sehe ist, dass Firmen noch immer auf Hypes im Social Media Bereich aufspringen. Abgesehen vom Firstmover-Effekt, muss man sich dennoch fragen, welchen unternehmerischen Wert das hat. Wir machen das ja nicht zum Selbstzweck. Am Ende ist Microsoft eine Firma mit unternehmerischen Interessen, die Geld verdienen möchte. Wir bewerten regelmäßig neue Netzwerke, wie zum Beispiel Snapchat. Aber gerade in diesem Fall steht der Aufwand zum Ertrag in keiner Relation.
Wie muss man sich deine Art zu Arbeiten vorstellen?
Ich glaube, ich mache oft Sachen, wo man auf den ersten Blick nicht erkennt, dass ich arbeite. Zum Beispiel habe ich vor ein paar Jahren YouTube-Videos geguckt, da wusste man noch nicht, warum das mal wichtig werden könnte. Mittlerweile kann ich sagen: Früher hieß der Typ Thomas Gottschalk, dann Stefan Raab. Heute sind es Joko und Klaas und morgen vielleicht Gronkh oder LeFloid. Das wird mittlerweile verstanden.
Ich glaube, ich mache oft Sachen, wo man auf den ersten Blick nicht erkennt, dass ich arbeite.
Aus solchen Quellen hole ich mir auch gerne Inspiration und lasse die Art der Sprache und die Ausdrucksweise, die relevant ist für unsere Zielgruppen, in unsere Kommunikation einfließen.
Was würdest du Leuten empfehlen, die sich überlegen etwas Ähnliches zu machen wie du?
Unbedingt ein Studium abschließen, denn das ist hier Voraussetzung. Aber auf jeden Fall eine große Leidenschaft für Technologie mitbringen und für das gesamte Umfeld, in dem sich die Tech-Konzerne bewegen.
Welche Blogs und Bücher kannst du empfehlen?
Meine Lieblings-Tech-Seite ist The Verge. Da bin ich täglich und mag das breit gefächerte Themenangebot. Außerdem lese ich gerade “Das Lied von Feuer und Eis” und versuche damit die Zeit zu überbrücken, bis die neue Staffel Game of Thrones rauskommt.
Vielen Dank für das Gespräch!
Dieses Interview wurde am 7. Dezember 2016 bei Microsoft in München geführt.
Die Videos entstanden in Zusammenarbeit mit Julian Becker.