Thomas Unruh, Head of Business Intelligence bei Lesara
19. Januar 2017Es ist noch mal richtig heiß, als wir Thomas Unruh auf der Terrasse des E-Commerce-Unternehmens Lesara in Berlin kennenlernen. Ein großer Baum spendet Schatten. Hier draußen gibt es noch WLAN, erklärt er, während er uns die sich mittlerweile auf das ganze Gebäude erstreckenden Büroräume zeigt. Es ist Anfang September 2016. Lesara wurde erst vor kurzem mit dem Tech5 Award als das schnellstwachsende Startup ausgezeichnet. Wir finden, das sieht man: In jedem Raum sitzen Leute, stehen Kisten mit Waren oder Kleiderständer, wo es noch Platz dafür gibt oder eben nicht. Und sie suchen noch weitere Mitarbeiter. Im Interview erzählt uns Thomas von seinen Aufgaben bei Lesara, der Leitung der Business Intelligence-Abteilung. Und seinem ungeheuren Arbeitspensum, das wir ihm nicht anmerken aber abnehmen.
Vita
Thomas Unruh studiert an der Technischen Universität Dresden Computer Science und Mechanical Engineering bevor er seinen BBA in Berlin macht. Schon während seines Studiums wird aus einem Praktikum bei Mysportworld schon nach drei Monaten eine Festanstellung, bei der er die Produktions- und die Business Intelligence-Abteilung aufbaut. Zwischen 2013 und 2015 arbeitet Thomas bei Project A an sieben Ventures mit, bevor er im Frühjahr 2015 zu Lesara geht.
Tools
- GitLab
- PhpStorm, PostgreSQL
- Jira, Trello
- Slack
Hallo Thomas, was ist deine Rolle bei Lesara?
Seit Januar 2015 leite ich das Team für den Bereich Business Intelligence. Wir stellen alle Analyse- und Datenprozesse für die komplette Company bereit. Insbesondere bei der visuellen Darstellung der Daten arbeiten wir eng mit den einzelnen Departments zusammen.
Welche Rolle spielen Daten für Lesara?
Die intelligente Aufbereitung der Daten macht im Endeffekt den Unterschied aus, ob du eine gute Company bist oder eine exzellente und ob du ganz oben mitspielst. Daten zu sammeln, reicht alleine nicht. Wichtig ist, die Daten einzusetzen und zu verarbeiten. Gerade bei Lesara als Agile Retail Unternehmen und den damit verknüpften Einkaufsprozessen ist die Business Intelligence eine wichtige Stütze.
Sieben Datenfreaks in der IT sitzen zu haben, reicht nicht.
Es ist wichtig, dass der Rest des Unternehmens genauso datengetrieben denkt.
Welche Aufgaben erfüllst du innerhalb des Teams?
Ein großer Teil meiner Arbeit ist es, das Team strukturiert zu führen und das Produkt unserer Abteilung, das Data-Warehouse, voranzubringen. Mit den Abteilungen bespreche ich zum Beispiel, welche neuen Features wir einbauen.
Ich führe aber auch Gespräche mit Bewerbern, da wir ständig wachsen. Das sind viele Gespräche und Meetings. Wirklich operativ arbeite ich meist sehr früh morgens, bevor ich zur Arbeit fahre, oder nach 18 Uhr, wenn sich das Office langsam leert.
Du fängst recht früh an zu arbeiten.
In der Früh ist halt die Zeit, zu der ich mich am besten konzentrieren kann. Ich versuche da, die wichtigen Sachen in der ersten Stunde zwischen 8 und 9 Uhr schon zu Hause zu erledigen. Ich schaue dann zunächst einmal, ob es in der Nacht Probleme gab und ob das System läuft. Gegen 9.30 Uhr bin ich dann im Büro, denn um 9.45 Uhr beginnt das Stand-up mit dem Team, bei dem wir besprechen, was am Vortag gelaufen ist und was für heute ansteht.
In der Kernarbeitszeit zwischen 10 und 18 Uhr sind ständig Leute um mich herum, stehen Besprechungen an, löse ich Probleme, bearbeite Bewerbungen. Da kommt man kaum operativ zum Arbeiten. Darum genieße ich auch die Zeit nach 18 Uhr, wenn das Büro sich leert. Es gibt einige Tage, gerade wenn mein Team auf eine Deadline hinarbeitet, an denen ich bis 23 Uhr im Büro bin. An anderen Tagen gehe ich aber auch um 19 Uhr zum Sport. Aber eigentlich versuche ich immer, an einem Tag so viel zu schaffen wie möglich.
Für welche Departments bereitet ihr Daten auf?
Im Grunde wird in jeder Abteilung mit unseren Daten gearbeitet, denn wir sind eine datenfokussierte Firma. Darum sollte fast jeder, der bei Lesara eingestellt wird, analytisch denken können. Das ist bei uns eine Art Grundvoraussetzung. Da ist zum Beispiel der Einkauf, das Marketing oder das Category Management, das sich um die ganze Nachbestellung kümmert. Dann gibt es das Operations, das sich um die Logistik kümmert. Im Grunde sind das die Bereiche, für die Daten am nützlichsten sind und mit denen wir auch die meisten Berührungspunkte haben.
Es gibt auch Bereiche, für die wir nur hin und wieder spezielle Reportings erstellen, zum Beispiel für das Management. Oder wenn es ein Projekt ist, für das eine Auswertung benötigt wird.
An welchen Business Intelligence Projekten arbeitest du gerade?
Bei uns sind gerade zwei Projekte sehr spannend. Zum einen arbeiten wir am datengetriebenen Erkennen von Trends. Das ist sehr wichtig für Lesara, da es die Grundlage für den Shop ist, Produkte zu verkaufen. Produkte, die gerade im Trend sind, verkaufen sich einfach am besten. Sobald aber ein Trend-Produkt von zehn anderen Shops verkauft wird, verteilt sich die Kaufkraft. Darum versuchen wir, so zeitig wie möglich diese Produkte zu erkennen.
Ein anderes Projekt ist das Performance-Marketing. Ohne ein intelligent ausgesteuertes Marketing kann ein Online-Business nicht gut funktionieren. Wir wollen wissen: Wann müssen wir in welchen Kanal investieren? Dafür bereiten wir alle relevanten Daten analytisch für unser Marketing Team auf, so dass diese die Zusammenhänge zwischen den Kanälen besser verstehen und ihr Budget optimal einsetzen können.
Wie genau funktioniert eure Trenderkennung?
Über Machine-Learning und Prediction. Der erste Schritt ist die Datenerhebung, denn ohne Daten kann man nichts tun. Hierfür analysieren wir eigene Website-Daten, nutzen aber auch z.B. Google Trends. Unser Trend-Analyse-Tool führt dann alle Informationen zusammen. Das ist die Voraussetzung, um eine Entscheidung treffen zu können.
Auf diese Weise erhalten wir einen Prediction-Wert für die Trend-Entwicklung, den beispielsweise das Merchandise-Team nutzt. Die bei diesem Prozess erkannten Trends, sind für die Merchandise Manager eine maßgebliche Basis ihrer Einkaufsentscheidungen.
Darüber hinaus nutzt auch das Marketing-Team die Daten bei der Auswahl der Kampagne für die Trendprodukte. Dieser Bereich hängt wiederum eng mit dem Nachbestellwesen zusammen. Denn wenn das Marketing eine Kampagne fährt, müssen ja genügend Produkte im Lager sein.
Um unsere Arbeit zu verstehen, muss man aber auch wissen: Wir im Business Intelligence sind keine Marketing-, oder Sales-Experten, sondern Daten-Experten. Wir sind gut mit den Daten. Darum ist es wichtig, dass es einen Marketing-Experten in der Marketingabteilung gibt, der sich auch mit Datenanalysen auskennt, um mit unseren Daten auch etwas anfangen zu können.
Gibt es ein Produkt, bei dem eure Vorhersage besonders gut war?
Ja, gibt es. Was wir aktuell gut verkaufen, sind LED–Schuhe. Wir haben den Trend außerhalb Deutschlands bemerkt und dann anhand der Daten gesehen, dass es bald auch damit in Deutschland losgehen könnte. Wir haben das getestet und waren die Ersten im deutschen Markt. Mittlerweile haben über 10 verschiedene Modelle im Angebot.
Wie wichtig ist Testing für Lesara?
Das ist eines der wichtigsten Felder in der Business Intelligence, denn falsche Daten können in einem Unternehmen sehr negative Auswirkungen haben. Nachhaltiges Monitoring und Code-Review sind elementar.
Bitte beschreibe uns deinen Werdegang.
Ich komme aus der Nähe von Dresden und habe an der Technischen Universität Computer Science und Mechanical Engineering studiert. 2011 kam ich nach Berlin um mit einem Praktikum bei der Mysportgroup (Heute: Vaola) zu starten und wurde dort nach drei Monaten fest angestellt. Dort habe ich für den Shopbereich „Mysportworld“ die Produktionsabteilung aufgebaut aber nach einem Jahr gemerkt, dass ich das nicht mein ganzes Leben lang machen will. Ich war schon immer sehr analytisch und auf Prozesse bedacht. Darum hatte ich gebeten die Abteilung abgeben zu dürfen und eine Business Intelligence-Abteilung aufzubauen, was ich dann auch gemacht habe.
Neben dem Job habe ich am Wochenende zusätzlich studiert, im englischsprachigen Studiengang „International Management“ an der FOM in Berlin.
Nach zwei Jahren bin ich dann zu Project A in Berlin gegangen und habe mich verstärkt mit dem Marketing auseinandergesetzt. Dort habe ich für vier Ventures Data–Warehouses von Grund auf neu aufgebaut. Insgesamt habe ich an sieben Ventures mitgearbeitet. Das war von 2013 bis 2015.
Im Frühjahr 2015 bin ich dann zu Lesara gewechselt, um dort die BI-Abteilung zu übernehmen. Davor wurde das Thema hier von der internen IT betreut.
Welche Tools verwendet ihr?
Wir nutzen die Versionierungssoftware Git, und zwar via GitLab. Wir haben aus datenschutzrechtlichen Gründen eine spezielle Lizenz, was uns sehr wichtig ist. Die Entwickler aus dem Team nutzen außerdem PhpStorm und die Datenbank PostgreSQL.
In der BI braucht man eigentlich nur eine gute Datenbanksoftware und einen guten Editor.
Darüber hinaus nutzen wir noch Jira für die Business Intelligence interne Entwicklung und Trello, um Projekte zwischen uns und den Abteilungen zu managen. Slack ist unser Kommunikationstool, was ich auch für das Monitoring nutze. für die Webanalyse benutzen wir Google Analytics und den Google Tag Manager als Webtracking und Tag-Management-Tool. Und natürlich Gmail!
Was ist die optimale Vorbereitung auf einen Job in der Business Intelligence?
Für einen Business Intelligence-Entwickler ist ein Informatik-Studium eine gute Grundlage, da das theoretische Fachwissen später im Job sehr wichtig werden kann. Als Produktmanager reicht ein Bachelor Studium der BWL oder der Wirtschaftsinformatik. Wichtig ist, dass man Spaß an datengetriebenem Denken hat.
Welche Bücher oder Blogs kannst du empfehlen?
Ich lese nicht so viel, da ich kaum dazu komme. Aber was ich für den Bereich Web-Analyse sehr empfehlen kann, ist Simo Ahava aus den USA. Der hat einen Blog über den Google Tag Manager und über Web-Analyse und Tracking. Da muss ich schon sagen, dass er einen echt guten Job gemacht hat, denn seine Posts haben mich wirklich weit gebracht.
Vielen Dank für das Interview!
Dieses Interview wurde am 7. September 2016 in den Räumlichkeiten von Lesara in Berlin gehalten.
Webseite: Lesara