Mansur Iqbal, PHP Entwickler bei real.digital (heute Kaufland e-commerce)
03. August 2016Mansur Iqbals Arbeit verändert sich ständig. Seit 2011 arbeitet er als PHP Entwickler bei real.digital (ehem. Hitmeister). Prozesse und Teams sind heute aber völlig andere. Während er sich zu Anfang aufs Coden konzentrieren konnte, hilft er dem CTO heute neue Mitarbeiter einzuarbeiten. Mansur erzählt uns im Interview über die Learnings und Fails der Softwareentwicklung im Laufe seiner Zeit bei real.digital, warum er Produktdesign inspirierend und die Optimierung der Conversion Rate befriedigend findet.
Vita
Mansur Iqbals Ausbildung beginnt, als sein Vater ihm einen 386er schenkt. Noch während der Schulzeit beginnt er Webseiten zu entwickeln, bricht dann das Studium der Elektrotechnik ab und studiert daraufhin Informatik an der Technischen Universität in Darmstadt. Bereits währenddessen beginnt er bei Hitmeister (jetzt real.digital) zu jobben. Heute ist Mansur dort Lead Software Engineer.
Mansur, erzähl doch ein bisschen über Deine Arbeit bei real.digital.
Gerne! Meine Arbeit bei real.digital ist vielseitig und hat sich seit 2011 ständig verändert. Die Prozesse und das Team sind heute ein völlig anderes als vor 6 Jahren. Anfangs habe ich mich voll auf das Coden konzentriert, mittlerweile unterstütze ich auch häufig unseren CTO bei verschiedenen Koordinationsaufgaben.
Was für Aufgaben sind das genau?
Da geht es zum Beispiel um die Einarbeitung neuer Mitarbeiter, die noch nicht alle Details unserer technischen Plattform kennen. Die Codebasis ist in den letzten Jahren stark gewachsen und da gibt es immer wieder Passagen, die Fragen aufwerfen. Außerdem gehört es zu meinen Aufgaben bei der Planung der technischen Umsetzung, sowie bei der Umsetzung selbst dabei zu sein. Das heißt, wir sprechen darüber, wie bestimmte Dinge umgesetzt werden und wie das in die Plattform passt, damit es auch skalierbar bleibt und später neue Features ohne viel Aufwand hinzugefügt werden können.
Wie organisiert ihr Euch, was für ein Ticketsystem nutzt ihr?
Anfangs hatten wir erst Mantis, das war aber sehr veraltet. Seitdem haben wir immer mehr umstrukturiert, immer neuere Sachen gebracht. Schließlich sind wir bei Jira, Bitbucket und Git gelandet. Vor vier Jahren hatten wir sogar noch SVN.
Wie viel Prozent deiner Arbeit ist Coden und wie viel Prozent ist Management?
Ich würde sagen, das sind mittlerweile in etwa 15 % Entwicklung und 85 % Produktmanagement.
Wie sieht denn Dein typischer Arbeitstag aus?
Meine tägliche Routine fängt gegen halb zehn an, zum Programmieren komme ich aber meist erst gegen Abend, wenn die Meisten schon wieder nach Hause gehen. Wenn ich morgens ins Büro komme, dann beantworte ich erst einmal Slack Messages und Anfragen via E-Mails. Da geht es oft um Bug-Fixing. Dabei muss ich von Fall zu Fall entscheiden wie wichtig das ist. Muss daraus eine Issue gemacht werden, oder kann man das schnell lösen?
Im Großen und Ganzen steht der Tagesablauf aber schon fest, bevor der Tag startet. Vorausgesetzt, dass nichts kaputt geht, was hin und wieder vorkommt. Dann muss man flexibel sein und die Prioritäten anpassen. Dazwischen gibt es Planungsmeetings und kleinere Besprechungen und Rücksprachen.
Gegen Mittag gehen wir meist irgendwo in der Nähe etwas essen, was super ist für das Team. Ab sechs Uhr ist es dann relativ ruhig im Büro. Da schafft man es dann auch in den Flow zu kommen und Aufgaben schnell abzuarbeiten. Nachdem ich meine Liste abgearbeitet habe, fahre ich dann nach Hause oder gehe manchmal spontan mit ein paar Kollegen ein Kölsch trinken.
Wie habt ihr euren Entwicklungsprozess organisiert?
Wir haben ein Kanban Board, auf dem alle Issues festgehalten sind. Jeder hat zusätzlich seinen eigenen Bereich, seine eigenen Issues, an denen er gerade arbeitet. Wenn es ein größeres Projekt ist, geben die einzelnen Entwickler einen Statusfeedback an den CTO. In den Projekten, in denen ich verantwortlich bin, bekomme ich die Status Updates. Ansonsten arbeitet eigentlich jeder selbständig. Freitags treffen wir uns in der IT gegen vier Uhr, man bekommt ein Bierchen, wir erzählen uns was wir diese Woche geschafft haben und berichten über unsere „Highs“ und „Lows“. So bekommt jeder einen guten Überblick über das was in unserer Abteilung geschieht.
Mit welchen Beta-Tools habt ihr schon gearbeitet?
Also ich hatte dieses Projekt, bei dem wir Produktdaten automatisch in Kategorien zuordnen mussten und dabei habe ich viel mit Machine-Learning Tools im Beta-Stadium gearbeitet. Eins davon war Mahout. Das war quasi im Dauer-Beta-Zustand, weil ich mir die Software immer angeschaut habe und auch selber was verbessern musste. Das war mein letztes Beta-Tool.
Wann bist du zufrieden mit deiner Arbeit, wie beurteilst du den Erfolg?
Ich bin immer sehr zufrieden, wenn das Projekt abgeschlossen ist und die Kollegen aus anderen Abteilungen ihre Produktivität steigen sehen. Wenn man sieht, dass alle, die diese Tools benutzen, glücklich damit sind und merken, dass es einfach besser funktioniert, dann ist das das beste Feedback, das man bekommen kann. Sehr befriedigend ist auch, dass man zum Beispiel im E-Commerce sofort die Auswirkungen sieht, wenn man etwas auf der Webseite ändert. Wenn Verkäufe steigen oder die Conversion-Rate steigt, dann merkt man auch, dass man etwas bewegen konnte.
Was ist der größte Fehler den Du bisher beruflich gemacht hast?
Den einen großen Fehler habe ich bisher eigentlich nicht gemacht. Eher zwei Learnings, die mir spontan einfallen. Mit 14 habe ich ja bereits angefangen mit Programmieren, Webseiten gebaut, Clan Homepages für E-Sport und so etwas. Mit 19 hatte ich dann mit drei Freunden eine kleine Werbeagentur. Dort haben wir uns dann viel zu viel vorgenommen, weil wir jung und unerfahren, aber sehr enthusiastisch waren. Wir bauten Features, die eigentlich Unnütz waren und zeitlich unrealistisch. Aber die Erfahrung war sehr wertvoll.
Ein anderes Learning war bei real.digital als wir das Produktdatensystem umgebaut haben. Da entstand dann die Situation bei der ich dachte: “Das kriegen wir so nicht hin.“ Eigentlich war ich dagegen, aber ich habe mich nicht durchgesetzt und im Nachhinein stellte sich heraus, dass ich da mehr auf meinen Standpunkt hätte beharren und meinem Urteilssystem hätte vertrauen müssen. Das war für mich persönlich ein wichtiger Moment.
Wer oder was inspiriert dich?
Bei mir ist das sicherlich weniger Inspiration als Faszination. Zum Beispiel finde ich die Sachen sehr innovativ, die Firmen wie Apple, Google oder Tesla bauen.
Darüber hinaus macht es mir Spaß mich hinzusetzen und nachzudenken, wie man etwas automatisieren und optimieren kann. Braucht man das eigentlich, oder wie kann man es besser machen? Als sehr wertvoll empfinde ich auch im Technikteam über Themen zu diskutieren. Man tauscht sich aus und entwickelt gemeinsam neue Ideen.
Was waren Deine wichtigsten Stationen und Erfahrungen auf dem Weg zum Software Entwickler?
Angefangen hat es mit einem 386er, den mein Vater mir mit 13 geschenkt hat. Er meinte: „Computer sind die Zukunft, spiel mal damit rum.“ Das habe ich bis zu dem Zeitpunkt gemacht, als dieser nicht mehr funktionierte. Daraufhin bin ich in eine Bibliothek gegangen und habe ein Buch über Windows gelesen. Ab da habe ich kontinuierlich weiter gelernt: Wie funktioniert der Computer, was steckt dahinter? Wie funktioniert das System, wie ist die Struktur? Damals hat das auch mit den Webseiten angefangen. Zu der Zeit habe ich zum Beispiel einen Euro-Rechner in Visual Basic programmiert.
Im Laufe der Zeit kamen weitere Programmiersprachen hinzu. Das ging so weit, dass ich sogar für Games Welten modelliert habe. Für Half-Life habe ich zum Beispiel eine Mod geschrieben. Mit 3D-Grafikprogrammen wie 3DS Max habe ich gearbeitet und mit Macromedia Flash wie es damals noch hieß, habe ich zusammen mit einem Kollegen eine kleine Webserie gestartet.
Welche formelle Ausbildung hast Du?
Im Grunde hat meine Ausbildung autodidaktisch begonnen. Wir haben ja schon vor der eigentlichen Berufsausbildung, also während der Schule, Clan Homepages gemacht. Erst ohne Entgelt, später dann mit einem Grafikdesigner und einem Freund auch bezahlte Aufträge angenommen. Dann verstreuten sich alle in verschiedene Städte zum Studieren. Ich habe mich für Informationssystemtechnik entschieden und bin dafür nach Darmstadt gezogen. Aber nach drei Jahren bin ich dann komplett in die Informatik gewechselt. Und zu dem Zeitpunkt hat mich mein Kumpel gefragt, ob ich bei Hitmeister (jetzt real.digital) anfangen möchte. Ich habe das Angebot angenommen und das Informatik-Studium parallel zum Job im Sommer 2014 abgeschlossen.
Was würdest du Leuten empfehlen, die heute kurz davor stehen das Abitur zu machen und Softwareentwickler werden wollen?
Sie müssen herausfinden, ob der Beruf ihnen wirklich liegt. Am besten probiert man sich an Tutorials aus. Für den Anfang zum Beispiel zu HTML, da findet sich ja einiges via Google oder YouTube. Wer dann aus eigenem Antrieb am Ball bleibt und sich hinein vertieft, weil es ihn persönlich motiviert und begeistert, der/diejenige hat das Potential einen gute Ausbildung im Studium zu genießen und es nicht nach wenigen Wochen abzubrechen.
Wichtig ist, sich den theoretischen Background zu besorgen. Das geht in einem Informatikstudium sehr gut. Dort lernt man dann was eigentlich eine Sprache ist, wie sie aufgebaut ist und wie bestimmte Prozesse angelegt werden.
Mansur, danke für das Gespräch.
Fotos: Thekla Ehling